Wer beim Thema Glasmuseum gleich gelangweilt umdreht, weil er darunter entweder mittelaltermarkt- und familientaugliche kunsthandwerkliche Präsentationen oder endlose Vitrinenreihen mit Großmutters dekorativen Väschen á la Jugendstil und Art Déco oder mit Kristallgläsern zeitloser Hässlichkeit versteht, sollte 'mal ins Glasmuseum im Düsseldorfer Kunstpalast gehen. Glaskunst dort ist definitiv mehr als Bleiglas und Deko-Vasen!
Das Glasmuseum ist ein Tipp (nicht nur, aber auch) für alle, die außergewöhnliches Design und moderne Kunst lieben.Und für die, die einfach nur staunen wollen, wie Glas auch aussehen kann.
Gummibärchenbunte Welt unter Glas
Czeslaw Zuber: Form und Leere, 1990 Glasmuseum, Düsseldorf Foto: Vera Kriebel, 2010 |
Glas-Objekte von der Antike bis Heute
Das Düsseldorfer Glasmuseum ist Teil des Kunstpalasts, des Düsseldorfer Kunstmuseums, und also kein Mitmachmuseum, das sich vorrangig mit der Glasherstellung beschäftigt (dieser Bereich wird nur kurz angerissen), sondern ein Kunstmuseum. Zu sehen gibt es dort Glaskunst, keine praxisorientierten Informationen zum Glas-Handwerk.Glasmuseum, Düsseldorf Foto: Vera Kriebel, 2010 |
MuseumsIrrgarten: Sammlungen, Epochen, Vasen
Das Glasmuseum Hentrich (das Museum besteht zu einem Großteil aus der Sammlung Hentrich), das zusammen mit den Victoria & Albert Museums in London als bedeutendste europäische Glassammlung gilt, ist im Kunstpalast-Altbau untergebracht. Die Räumlichkeiten wurden durch die Schweizer Agentur Steiner Sarnen völlig neu gestaltet - mit uneinheitlichem Erfolg: Denn die Trennung des "Schatzhauses", das jetzt analog zum "Shop-inShop"-System ein Haus im Haus ist, hat den positiven Effekt, dass man nicht gleich von den traditionellen Gläsersammlungen erschlagen wird und außerdem als Präsentationsflächen nicht nur Vitrinen, sondern auch Wand-Schaukästen genutzt werden können. Andererseits wird dadurch die Sammlung auch zu einem Irrgarten und das neue Konzept offenbart sich nicht auf den ersten Blick.
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SpotOn 2015 Jugendstil-Glas der Manufaktur Lötz Glasmuseum, Kunstpalast, Düsseldorf Foto: Vera Kriebel, 2015 |
Im Untergeschoss, das den Charme einer Leichenhalle verströmt, auf Museumsdeutsch aber "Studiengalerie" genannt wird, sind die Vitrinen mit Tausenden von Gläsern geradezu geflutet - das ist dann der ermüdende Glasmuseum-Horror, den der obige Vasenhasser weiträumig umgehen wollte. Die Vasen wirken da wie tote, sinnlos nebeneinander gehortete Raritäten in einem verstaubten Kellerarchiv.
Andererseits befinden sich im Untergeschoss auch Beispiele moderner Glasmalerei und interessante Info-Inseln zur Glasherstellung und Glasveredelung, zum Beispiel die leicht übersehbaren Modelle, die demonstrieren, wie bestimmte Muster - so das Zopfmuster - in die Gläser kommen, oder Infos dazu, was Original und Fälschung unterscheidet. Diese Präsentation mit der "wilden" Nebeneinanderstellung von Gläsern verschiedener Epochen unterscheidet sich von der gewohnten, an ihrer Entstehungszeit orientierten, ist jedoch expliziter Bestandteil der Museumskonzeption - wobei die Vorteile dem Besucher nicht einfach ersichtlich werden.
Infos zum Glasmuseum, Museum Kunstpalast, Düsseldorf
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Clemens Weiss, SpotOn 2011 Kunstpalast, Düsseldorf Foto: Vera Kriebel, 24.3.2011 |
- Das Glasmuseum ist inzwischen fast vollständig im Kunstpalast integriert.
- Mehr Infos zu Anfahrt, Eintrittspreisen, Veranstaltungen beim Kunstpalast.
- Adresse / Kontakt: Kunstpalast, Ehrenhof 4-5, 40479 Düsseldorf, Mail: info@smkp.de, Tel. 0211 566 42 100. Website Glasmuseum Hentrich.
- Öffnungszeiten: Di-So 11-18 Uhr, Do 11-21 Uhr, montags geschlossen (außer an Feiertagen). Einzelne Sonderausstellungen können auch abweichende Öffnungszeiten haben.
- Beiträge:
Eine kurze Geschichte zum Glas
In der Antike wird Glas noch nicht geblasen, sondern um einen Kern herumgeformt oder in Modellen geschmolzen. Im ersten Jahrhundert vor Christi Geburt entdecken Handwerker in Syrien und Palästina die Möglichkeit, Glas mit Hilfe eines Rohres zu blasen. Glasgefäße werden mit dieser technischen Revolution im Römischen Reich zum Massengut der gesamten bekannten Welt. Mit dem Niedergang des Römischen Reiches verlagert sich das Zentrum der Glasherstellung wieder nach Osten. Im frühen und hohen Mittelalter entwickelt sich in den islamischen Reichen des Nahen Ostens eine hoch stehende Glaskultur, deren Einflüsse später in den europäischen Ländern unverkennbar sind.Vom Trinkbecher zum Tiffany-Glas
Während nördlich der Alpen kräftig gefärbte oder mit Emailmalerei verzierte, eher grobschlächtige Trinkbecher entstehen, entspricht das farblose, dünnwandig ausgeblasene Glas aus Venedig dem Geschmack höfischer Kreise und des städtischen Patriziats. Glas im venezianischen Stil bestimmt die Glaskunst vom 16. bis weit ins 17. Jahrhundert. Glas wird verstärkt zum Repräsentationsobjekt, mit dem man seinen gesellschaftlichen Rang unterstreicht. Im 19. Jahrhundert entdeckt das Bürgertum das Sammeln. Halbkugelförmige Briefbeschwerer mit feinem Blumendekor, die in einer Sonderausstellung 2010 gezeigt wurden, sind aber ähnlich wie die durch Historismus und japanische Kunst beeinflussten Gläser des Jugendstils und Art Déco (Tiffany, Art Nouveau, Sezession) sicherlich in ihrer verspielten und symbolträchtigen oder biedermeierlichen Jungfräulichkeit nichts für den eingangs erwähnten Feind der Glasmuseen.Das daraus folgende Industrial Design geht wieder weg von den althergebrachten Standards hin zu individuellen Formen und verbindet dies mit handwerklicher Virtuosität und Farbenfreude. Dieses Gebrauchsglas des 19. und 20. Jahrhundert bildet einen neueren Sammlungsschwerpunkt des Glasmuseums.
Studioglas und freie Glaskunst
Seit den späten 1950er Jahren loten Künstler die Möglichkeiten aus, die Glas für die freie Gestaltung bietet.![]() |
Dalechihuly: Schalenobjekt aus der Macchia Series (Detail) Glasmuseum, Kunstpalast, Düsseldorf Foto: Martin Merz, 2015 |
Umwerfende Beispiele zeitgenössischer Glaskunst finden sich bei der Glaskünstlervereinigung.
Fotos Glasmuseum Düsseldorf
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Alfredo Barbini, Objekt, 1986 Kunstpalast, Düsseldorf Foto: Vera Kriebel, 2015 |
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Ivo Roszypal: Musik Kunstpalast, Düsseldorf Foto: Vera Kriebel, 2015 |
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Glasmuseum Kunstpalast, Düsseldorf Foto: Martin Merz, 2015 |
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Glasmuseum Kunstpalast, Düsseldorf Foto: Martin Merz, 2015 |
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Ivan Mareš: Turm, 1985 (Detail) Glasmuseum, Kunstpalast, Düsseldorf Foto: Martin Merz, 2015 |
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Glasmuseum Kunstpalast, Düsseldorf Foto: Martin Merz, 2015 |
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Glasmuseum Kunstpalast, Düsseldorf Foto: Martin Merz, 2015 |
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Glasmuseum Kunstpalast, Düsseldorf Foto: Martin Merz, 2015 |
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Glasmuseum Kunstpalast, Düsseldorf Foto: Martin Merz, 2015 |
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Glasmuseum Kunstpalast, Düsseldorf Foto: Martin Merz, 2015 |
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SpotOn 2015 Jugendstil-Glas der Manufaktur Lötz Glasmuseum, Kunstpalast, Düsseldorf Foto: Vera Kriebel, 2015 |
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Glasziege, Marta Klonowska Glasmuseum Hentrich, Kunstpalast, DÜS Foto: Vera Kriebel, 2011 |
Glasmosaik, Johan Thorn Prikker Foyer Altbau Foto: Vera Kriebel, 2010 |
Glasmuseum Hentrich Museum Kunstpalast, Düsseldorf |
Fl. Lechner - Blaue Säule Glasmuseum, Düsseldorf Foto: Vera Kriebel, 2010 |
K. Ogita - Life and Time Glasmuseum, Düsseldorf Foto: Vera Kriebel, 2010 |
Glasmuseum, Düsseldorf Foto: Vera Kriebel, 2010 |
Ivan Mareš: Turm, 1985 Glasmuseum, Düsseldorf Foto: Vera Kriebel, 2010 |
Glasmuseum, Düsseldorf Foto: Vera Kriebel, 2010 |
Czeslaw Zuber: Form und Leere, 1990 Glasmuseum, Düsseldorf Foto: Vera Kriebel, 2010 |
Bertil Vallien: Pendel 'Beobachter' Glasmuseum, Düsseldorf Foto: Vera Kriebel, 2010 |
Clark: Dual Form Glasmuseum, Düsseldorf Foto: Vera Kriebel, 2010 |
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Clemens Weiss, SpotOn 2011 Kunstpalast, Düsseldorf Foto: Vera Kriebel, 24.3.2011 |
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Clemens Weiss, SpotOn 2011 Kunstpalast, Düsseldorf Foto: Vera Kriebel, 24.3.2011 |
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